Das neue Potsdamer Toleranzedikt beschreibt das neue demokratische Selbstverständnis der Potsdamer Bürgerschaft. Es ist ein Bekenntnis zu Weltoffenheit und Toleranz. In Anlehnung an das historische „Edikt von Potsdam“ (1685) ist es jedoch kein „Erlass von oben“ sondern das Ergebnis eines offenen Diskussions- und Beteiligungsprozesses. Es wurde von und durch die Potsdamer Bürgerschaft formuliert. Die im neuen Toleranzedikt formulierten Grundsätze bilden die Eckpunkte des Selbstverständnisses der weltoffenen und toleranten Landeshauptstadt Potsdam.
Das neue Toleranzedikt wurde am 10. Oktober 2008 von Potsdams Oberbürgermeister Jann Jakobs und Prof. Dr. Heinz Kleger (Universität Potsdam) vorgestellt. Von dem 100-seitigen Buch wurden 17.500 Exemplare gedruckt, die stadtweit verteilt wurden. Aktuell sind bis auf wenige Bücher alle Exemplare vergriffen. Auf unserer Webseite können Sie jedoch eine digitale Fassung als PDF-Datei herunterladen.
Potsdam gibt sich ein neues Toleranzedikt. Es ist das Ergebnis eines offenen und breiten Stadtgesprächs über acht Monate hinweg.
Das neue Edikt lehnt sich an das historische Edikt von Potsdam (1685) an. Die Auswirkungen des alten Edikts prägten Potsdam und bereichern die Stadt noch heute. Dieses Erbe lehrt, was gelungene Integration bedeutet. Wie gehen wir heute mit diesem Erbe um und wie setzen wir es fort?
Potsdam erfindet sich neu. Die vielfältige Stadtgesellschaft ist wieder erwacht. Sie braucht die Toleranz wie die Luft zum Atmen.
Das neue Toleranzedikt steht für eine Praxis hier und jetzt, die in den nächsten Jahren fortgeführt werden soll. Dabei geht es nicht um Lippenbekenntnisse, sondern um Wege, die ein neues Miteinander in der Stadt schaffen, über Grenzen und Unterschiede hinweg. Toleranz schließt Konflikte nicht aus, sondern ein. Sie ist offen und geht auf Menschen zu. Man darf sie nicht mit Gleichgültigkeit verwechseln.
Die Wahrung der Würde des einzelnen und gegenseitiger Respekt sind Prinzipien, die für alle Einwohner unserer Stadt gleichermaßen gelten. Mit Respekt verbinden die Potsdamer Achtung, Akzeptanz, Anerkennung und Solidarität. Mit Toleranz verbinden sie zudem Wahrnehmung, Freundlichkeit, Neugier und Interesse für den Anderen. Respekt und Gelassenheit sind möglich, auch wenn es um Wettbewerb und Konkurrenz geht.
Toleranz bedeutet auch, aber nicht nur Geduld. Sie wird aktiv, wenn Menschen aufeinander zugehen und miteinander ins Gespräch kommen. Es ist wichtig, dass wir ohne Angst unsere Erfahrungen ausdrücken und austauschen können. Das geduldige Zuhören wollen wir ebenso einüben wie das Debattieren. Jeder hat das Recht, seine eigene Geschichte zu erzählen.
Potsdam tut viel für die Vergangenheit, von der es profitiert. Der Wagemut für die Gegenwart und die Zukunft hält sich in Grenzen. Die Museums- und Touristenstadt vergisst noch ihre Jugendlichen, die Freiräume brauchen. Lebendige Gegenwart geht in Geschichte nicht auf. Fehlende Neugier mündet in fehlendes Denken. Kreativität ist ganz besonders auf Freiräume, Austausch und Anregung angewiesen. Nur eine kreative Stadt zieht die Kreativen an.
Die Nichtachtung anderer Menschen führt zu Ausgrenzung und Verletzung. Im Bewusstsein, dass niemand von uns missachtet werden will, wollen wir Voraussetzungen für die Integration aller Einwohner unserer Stadt schaffen. Alle Einwohner heißt, keinen Unterschied zu machen zwischen Herkunftsland, Ost-West, Hautfarbe oder Religion. Zur Stadtbürgerschaft gehören auch die Kinder und Jugendlichen.
Die Einwohnerschaft von Potsdam hat sich neu gemischt. Die Verantwortung für das Zusammenleben in unserer Stadt kann nicht delegiert werden. Toleranz wird mit Leben erfüllt, wenn sie sich mit Solidarität verbindet. Solidarität heißt gegenseitige Hilfe und schafft sozialen Ausgleich. Die Solidarität mit den Schwachen, Flüchtlingen, Menschen mit Behinderungen, Kranken und Sterbenden führt den Toleranzgedanken weiter.