Das „Edikt von Potsdam“ (1685)

Das „Edikt von Potsdam“ wurde vom Großen Kurfürsten, Friedrich Wilhelm von Brandenburg (1620-1688) erlassen. Es ermöglichte den in Frankreich wegen ihrer Religion verfolgten Hugenotten (Protestanten) die Zuwanderung nach Brandenburg. Umgangssprachlich wird es auch oft einfach Potsdamer Toleranzedikt genannt. Mit dem Erlass des Edikts am 29. Oktober 1685 (nach gregorianischem Kalender 8. November) reagierte der Große Kurfürst auf den Widerruf des Toleranzediktes von Nantes durch König Ludwig XIV (1638-1715), was ein Verbot des Protestantismus im katholischen Frankreich bedeutete. Etwa 20.000 Flüchtlinge wurden in Brandenburg aufgenommen.

„Das Edikt empfahl auch gleich Städte zur Ansiedlung, wie: Stendal, Werben, Rathenow, Brandenburg und Frankfurt, „weil daselbst sehr wolfeil zu leben“. Potsdam war nicht darunter, da es hier noch an Wohnraum fehlte. Das sollte sich erst um das Jahr 1720 ändern. Ohne Zweifel verschaffte dieses Aufnahmeedikt dem Kurfürsten viel Sympathie bei seinen neuen Untertanen, und dies war auch von Friedrich Wilhelm so beabsichtigt. Autor des Edikt war der Geheime Kammersekretär und spätere Kabinettsminister Heinrich Rüdiger Illgen. In einer Auflage von 4.700 Exemplaren, Französisch und Deutsch, wurde das Dokument gedruckt.. Die deutsche Fassung sollte die Bevölkerung Brandenburgs informieren, was sie mit den Einwanderern erwartet.“ (Silke Kamp, Französisch-Reformierte Gemeinde Potsdam, www.reformiert-potsdam.de)

„Das ursprünglich französischsprachige Edikt von Potsdam aus dem Jahr 1685 bot den hugenottischen Glaubensflüchtlingen eine neue Heimat. Es wurde zunächst in 2.000 Exemplaren an die Gesandten von Paris und an den Fluchtwegen in Hamburg, Regensburg, Den Haag und Frankfurt am Main verteilt. Dieser subversive Akt war die Stunde der preußischen Toleranz [.. ]. Im 17. und 18. Jahrhundert betrieb das preußische Herrscherhaus bewusst eine aktive Einwanderungspolitik und holte hugenottische Glaubensflüchtlinge, niederländische Handwerker, böhmische Weber und Schweizer Landwirte in das brachliegende Land. Bereits im Juni 1685 lud der Große Kurfürst 14 Schweizer Familien in die neu gegründete reformierte Kolonie Nattwerder bei Potsdam ein. Sie sollten den Golmischen Bruch kultivieren, woran sie zunächst aufgrund von Überschwemmungen scheiterten. Die ihnen eingeräumten Privilegien wie Landerwerb, Erbrecht, Dienstbefreiung, Bezahlung des Predigers und anderes mehr wurden zum Vorbild für den späteren Artikel 9 des ‚Edikts von Potsdam‘. Diese Privilegien waren Angebote. Es waren dennoch keine Wege ins Paradies. Der karge Boden und die maroden Deiche machten den Einwanderern das Leben schwer. Nur ihr festes Gottvertrauen bot ihnen die Zuversicht, dieses Leben überhaupt durchhalten zu können.

Durch die ‚Peuplierungspolitik‘ wurde Brandenburg ein neues Land, in dem sich die Kolonisten der verschiedenen Völker mit den alten Bewohnern mit der Zeit zu einer neuen Einheit verschmolzen. Die ‚Fremdlinge’, wie sie hießen, wurden nicht nur durch Anreize gelockt, man hat auch versucht, sie zu beheimaten. Das Echo auf die ausgesprochene Einladung, die sich für die Einwanderer nicht ungefährlich gestaltete, war groß. Es war eine gewünschte und schließlich eine gelungene Integration, die allerdings auch mit Widerstän- den in Stadt und Land, mit Übergriffen, Schwierigkeiten, Neid, Konkurrenz und Rangspannungen zu tun hatte. Weder die Zünfte noch die lutherischen Geistlichen waren begeistert.

Der Konflikt war der Normalfall, wenn auch nicht die einzige Wahrheit. Das Potsdamer Edikt war ein Einladungsedikt, welches Selbstverpflichtungen enthielt. Es förderte vor allem, es erhob aber auch Forderungen, zum Beispiel, „wüste und ruinierte Häuser … wieder anzurichten“, Land urbar zu machen und Manufakturen zu gründen, wozu Starthilfe versprochen wurde. In der Quintessenz kombinierte es religiöse Toleranz (in Art.11) mit einem kühnen Pragmatismus. Beides war nicht selbstverständlich.

Beim historischen Potsdamer Edikt handelte es sich um einen Akt konfessioneller Solidarität – von „Glaubensgenossen“ und „Mitleid“ wurde gesprochen –, welcher zum Beispiel die Katholiken (in Art. 13) bewusst nicht in die religiöse Toleranz einbezog. Allerdings wurde den hugenottischen Glaubensflüchtlingen nicht weniger als eine neue Heimat angeboten – mit allen Bürgerrechten, aber zunächst nicht mit allen Bürgerpflichten. Das Geniale war: Man ließ sie kommen und gab ihnen Zeit – über Generationen hinweg. Ende des 18. Jahrhunderts gaben die hugenottischen Gemeinden ihre Privilegien freiwillig auf. So verzichteten sie zum Beispiel auf die französische Sprache im Gottesdienst, da sie ohnehin keiner mehr sprach. Beide Seiten haben die Mischung der Kulturen zugelassen.“ (Heinz Kleger, Neues Potsdamer-Toleranzedikt, S. 15-17, Potsdam, 2008)

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